Heute schon gegruselt ?

Salzburger Nachrichten
Ausgabe: 31.10.2015

Nein, schreckhaft ist Gabriele Lukacs nicht. Die sportliche Wienerin zögert keine Sekunde, die steile Treppe in die dunkle Gruft des Wiener Franziskanerklosters hinabzusteigen. Warum auch, Lukacs war unzählige Male hier. Die passionierte Fremdenführerin weiß genau, dass sie hier Dutzende Schädel und kunstvoll verzierte Särge erwarten.

Über diesen und die vielen anderen „Orte des Grauens“ in Wien handelt Lukacs’ neuestes gleichnamiges Buch, das im Styria-Verlag erschienen ist. Es ist das elfte Werk der Pensionistin, die sich leidenschaftlich gern mit dem Übernatürlichen und dunklen Geheimnissen beschäftigt. Ebendiese zeigt sie seit rund 13 Jahren Touristen und anderen Interessierten im Rahmen ihrer „Mystery-Touren“.

Zum Beispiel das Wohnhaus in der Rauhensteingasse 10 im ersten Bezirk in Wien. Es wirkt auf den ersten Blick ganz harmlos. Nichts deutet darauf hin, dass sich hier von 1341 bis 1785 das größte Gefängnis in Wien befunden hat. Unzählige Gefangene starben im „Malefiz-spitzbubenhaus“ nach stunden langer Folter. Lukacs zeigt auf einen Schacht hinter der Eingangstür, der mit einer Glasscheibe bedeckt ist. „Jedes Haus im ersten Bezirk hat Keller, die über vier Stockwerke gehen, und so einen Hausbrunnen. Sie müssen sich die Innere Stadt wie eine Insel vorstellen, die auf einem Plateau gebaut wurde. Deshalb konnte man früher Wien durch die Kellergänge durchqueren“, sagt sie.

Nicht minder gruselig sind die Hintergründe, wie die nahe gelegene Blutgasse zu ihrem Namen kam. Hier soll 1312 ein Gemetzel stattgefundenhaben, als alle hier im „Fähnrichshof“ lebenden Mitglieder des Tempelordens erschlagenworden seien. Historisch belegt ist bloß, dass der französische König PhilippIV. 13.000 Templer verfolgen und verhaften ließ. Die Wiener Templer sollen sich deshalb im weitverzweigten Kellersystem in der Blutgasse versteckt haben.

Lukacs war auch schon oft in der Gruft unter der Minoritenkirche, in der ein Scheintoter begraben sein soll. Dort, wo im Grab I/86 das Skelett eines etwa 35-jährigen Mannes mit überkreuzten Beinen gefunden wurde, der auf dem Bauch liegt. In der Franziskanergruft liegen unzählige Särge. Historiker vermuten, dass mit der Bauchlage die Wiederkehr des Toten verhindert werden sollte. Nach alter Vorstellung entweicht die Seele nach dem Tod durch den Mund.

Aberglaube war damals weitverbreitet. Man dachte auch, dass „unheimliche Nebelschwaden“, und nicht mangelhafte Hygiene, diePest nach Wien brachten. Bis ins 20.Jahrhundert hielt man gar Nordlichter für Kriegsboten, weil sie am 24.Juni 1914 und am 25.Jänner 1938 erschienen: vier Tage vor dem Auslöser des 1. Weltkriegs, dem Attentat auf Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand, und einenhalb Monate vor dem „Anschluss“ Österreichs an Nazideutschland.

An solche Vorzeichen glaubt Lukacs nicht. Sie sei aber davon überzeugt, dass es im Kotter Groß-Enzersdorf spukt, dem einstigen Gemeindegefängnis 18 Kilometer nordöstlich von Wien. Sie habe den Geist selbst gehört, als sie für die Recherche für ihr Buch die Zelle 3 besuchte. „Wir waren mit Forschern dort, die Infrarotkameras und Aufnahmegeräte aufgestellt hatten. Plötzlich war da eine Frauenstimme. Ich dachte, sie ruft meinen Namen Gabi. Auf der Aufnahme haben wir dann gehört, dass es ,Gajo‘ war“, erzählt sie. Ein Ort in Polen ? Eine inhaftierte Person ? Lukacs weiß es nicht. 

Salzburger Nachrichten / Alexandra Parrag (31.10.2015)

Artikel zum Gemeindekotter Groß-Enzersdorf auf Paranormal.wien (inkl. Video und EVP zu “Gajo”).

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